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Ich hab nichts anzuziehen.
Und weiß nicht, was ich will.
Eigentlich will ich Kleidung, die:
- biologisch, ökologisch und fair hergestellt wurde und natürlich
- auch biologisch abbaubar ist.
- eine gute CO²-Billanz aufweist.
- pflegeleicht, vor allem bügelfrei ist
- lokal hergestellt ist.
- nicht mit Kunstfaser versehen ist.mir steht.
- nicht nullachtfünfzehn aussieht.
- zu meinem Geldbeutel passt.
Nachdem ich diese Liste im Kopf habe, mache ich mich erst mal schlau, was es so an Materialien gibt, die unter biologisch, natürlich etc. fallen.
Was weiß ich über natürliche Materialien? - Viel, dachte ich.
Teilen wir also die Materialien in tierisch und pflanzlich auf.
Tierische Produkte wären einmal Leder und Fell. Gut ich mag Lederschuhe. Aber will ich so genau wissen, wie die Tiere ihre Haut verloren haben? Oder ihr Fell?
Vage erinnere ich mich an Babyrobben, die erschlagen wurden, Minkfarmen und an Bertolt Brecht und seine „Johanna der Schlachthöfe“. Aus dem Geschichtsunterricht weiß ich noch, dass die Gerberviertel zum Himmel gestunken haben und man unter anderem Urin und Hundekot fürs Gerben verwendet hat. Klar weiß ich, dass im 21. Jahrhundert sicher andere chemische Prozesse fürs Gerben benutzt werden. Aber ob die wirklich so viel umweltfreundlicher sind?
Außerdem besteht immer die Gefahr, dass irgendwelche strengen Aktivisten meine Pelzjacke mit Lack besprühen. Was auch nicht allzu ökologisch wäre.
Einige wir uns darauf, dass Leder und Fell von der Liste gestrichen werden.
Wolle
Es gibt Wolle, unterschiedliche: Schaf, Lamm, Alpaka, Angora und, und, und ...
Schafe gibt es in Deutschland, also könnte ich sicher an Wollpullis gelangen, die lokal, ökologisch und auch ansonsten durchaus akzeptabel wären. Zur Not kann ich sogar selber stricken.
Einwände? Einige.
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Reine Schafwolle und andere Wollartikel jucken auf der Haut. Wolle ist teuer, auch wenn ich selber stricke.
Gut, der Stil wäre einzigartig. Vor allem, wenn ich daran denke, dass meine Handarbeitslehrerin in der dritten Klasse fest davon überzeugt war, aufgrund meiner Strickkünste würde ich eventuell zwar die Hilfsschule schaffen, aber garantiert keine weiterführende. Ein paar Jahre später hat sich mein Bruder geweigert, den für ihn liebevoll gestrickten Pullover zu tragen mit dem Hinweis: Er sei kein Orang Utan, der überlange Arme habe.
Außerdem: Wollpullis müssen von Hand gewaschen werden und ich hatte mal einen Angorapulli der fürchterlich gejuckt hat und wie eine Katze im Frühling haarte.
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Seide
Das bedeutet den Tod von tausend Raupen. Gibt es ökologisch, biologisch hergestellte Seide? Vielleicht sogar in Deutschland produziert? Nö. Kurzer Blick in Wikipedia zeigt: Für die Produktion eines Kilos Seide benötigt man 104 Kilogramm Maulbeerblätter zur Fütterung von 300 Seidenraupen, die während der Verpuppung in kochendes Wasser geworfen werden, um sie abzutöten.
Ich glaube, ich verzichte dann doch auf Seidenkleidung.
Pflanzlich, das ist sicher das Richtige!
Baumwolle
Schon die alten Ägypter und dann später die Amerikaner haben Kleidung aus Baumwolle hergestellt. Da war doch was mit Cottonfields back home? Gut, Sklavenarbeit kommt sicher nicht mehr zum Einsatz. Wir sind ja schließlich im 21. Jahrhundert und so was gibt es doch gar nicht mehr. Oder?
Die meiste Baumwolle wird in sogenannten Entwicklungsländern produziert und verarbeitet. Die sind doch froh, wenn sie ein paar Cent verdienen! Und wenn ich auf biologisch zertifizierte Baumwolle achte, dann hab ich doch meine Kriterien erfüllt. Oder?
Kinderarbeit? 18-Stunden-Schichten? Lohn unterm Existenzminimum? Hoher Mineraldünger- und Wasserverbrauch?
Dabei sind T-Shirts so teuer. Ich muss im Discounter schon gute zwanzig Euro hinlegen für ein einfaches Shirt ...
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Leinen
Leinen wurde früher in meiner Heimatecke produziert. Bis noch vor ungefähr vierzig Jahren hatten wir sogar eine Fabrik in meiner Heimatstadt, die hat gesponnen, gefärbt und gewoben! Als ich in den 1970ern in die Grundschule ging, gab es ein tägliches Ratespiel: Welche Farbe würde der Fluss heute haben: Gelb? Rot? Grün?
Leinen klingt also nicht schlecht. Aber der Preis … Und ist es bügelfrei?
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Wisst ihr was?
Ich werde es machen wie immer: Secondhandshop-Laden und hoffen, dass ich da was Passendes finde.
Der Style ist dann auf alle Fälle einzigartig.
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